Rassismus widersprechen, denn vor Gott sind alle gleich

Für eine neue Politik, die Flüchtlinge schützt und nicht zur Zielscheibe rassistischer Hetze macht!

Zum Abschluss der 4. bundesweiten Ost-West-Konferenz der Bundesarbeitsgemein-schaft Kirche und Rechtsextremismus (BAG K+R) am 28./29.11.2014 in Mainz erklärt der Sprecher_innenrat der Bundesarbeitsgemeinschaft:

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchen und Rechtsextremismus hat ihre Arbeit für 2014 unter das Motto „Rassismus widersprechen, denn vor Gott sind alle gleich“ gestellt. Die Aktualität dieses Mottos zeigt sich derzeit täglich: Wöchentlich gibt es rassistische Proteste gegen Flüchtlinge und deren Unterbringungen in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen – in Berlin-Marzahn, wie in München, Dresden und Duisburg. Seit dem Sommer vergangenen Jahres hat die Anzahl gewalttätiger Angriffe auf Flüchtlinge sowie die rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Asylsuchende deutlich zugenommen.

Andererseits engagieren sich in vielen kleinen und großen Kommunen Menschen unterschiedlicher Herkunft und verschiedenster religiöser und politischer Überzeugungen in Willkommensinitiativen. Die Initiativen versuchen, sowohl die Situation der Geflüchte-ten zu verbessern, als auch sich den Protesten gegen die Flüchtlinge und deren Unter-künfte entgegenzustellen. Vielerorts gibt es dafür ermutigende Beispiele von katholi-schen und evangelischen Kirchengemeinden.

Die Zunahme der Zahl von Asylsuchenden ist Folge von zunehmenden weltweiten Kon-flikten sowie ökologischen und ökonomischen Krisen – und erinnert uns an unsere Ver-antwortung als Christen und zivilgesellschaftlich Engagierte: Die christliche Nächsten-liebe, die auch eine „Fernstenliebe“ ist, verlangt eine klare Haltung – an der Seite der Verfolgten und Bedrohten für Menschwürde einzutreten und politisch Verantwortliche daran zu erinnern, dass Deutschland und Europa historisch und aktuell eine Verantwor-tung für Flüchtlinge haben.

Wir sind über den Schulterschluss zwischen neonazistischen Strukturen, der Hooligan-szene und kriminellen Rockerbanden besorgt, aus denen sich – wie schon Anfang der 1990er Jahre – ein Nährboden für rechtsextremen Terror entwickeln kann.

Wir sind entsetzt darüber, dass auch Teile des bürgerlichen Milieus sich an rassistischen Aufmärschen und Aktionen beteiligen Diese Entwicklung wird geprägt durch islamfeind-liche Hetze.
Daher fordern wir als BAG K+R:

  • Von Politikerinnen und Politikern aller demokratischen Parteien erwarten wir ei-nen veränderten Blick auf und Umgang mit Flucht und Migration. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dies muss letztlich zu einer Neustrukturierung aller in diesem Bereich beteiligten Politikfelder führen. Dabei darf es nicht mehr nur um Flüchtlingsnothilfe gehen. Notwendig ist vielmehr ein dauerhaftes Konzept einer offenen Gesellschaft, die auf Integration und Inklusion angelegt ist.
  • Die politische und gesellschaftliche Ausgrenzung von Flüchtlingen und Asylsu-chenden durch integrationshemmende Regelungen und Verfahren muss beendet werden. Sie steht der oft wiederholten Aufforderung an die Zivilgesellschaft ent-gegen, eine Willkommenskultur zu schaffen, und macht diese Aufforderung we-nig glaubwürdig. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima des Willkommens und des Miteinanders, und nicht eine Problematisierung und Kriminalisierung einzelner Flüchtlingsgruppen. Faire Asylverfahren, menschenwürdige Unterbrin-gung und Integrationsleistungen sind zuallererst Aufgabe des Staates. Die Zivil-gesellschaft ist aufgerufen praktisch am gesellschaftlichen Konsens für die Auf-nahme und Integration der Flüchtlinge zu arbeiten!
  • Beides ist Voraussetzung für eine nachhaltige Bekämpfung von rassistischen Vorurteilen und rechtspopulistischen Kampagnen.
  • Dazu bedarf es einer starken Zivilgesellschaft, die ein zentraler Bestandteil bei der Umsetzung von Willkommenskultur und der Entwicklung einer neuen Kultur des Zusammenlebens ist. Auch die Auseinandersetzung mit rassistischen Kam-pagnen wird ganz entscheidend von der Zivilgesellschaft getragen. Deshalb muss die seit langem von Politik und Kirche geforderte Aufstockung und Verstetigung des Bundesprogrammes „Demokratie leben“ auf 70 Millionen Euro und die Stär-kung von zivilgesellschaftlichen Strukturen nun endlich realisiert werden.
  • Es geht um einen Paradigmenwechsel in Deutschland und Europa. Die Flücht-lingsbewegungen aufgrund von Krieg und Klimawandel werden nicht abnehmen; Europa wird nicht Festung bleiben können und dürfen. Wir erwaten von Politik und Gesellschaft: Mehr Freizügigkeit zu wagen und für einen gesellschaftlichen Konsens zugunsten einer offenen Gesellschaft zu werben, die auf Dauer um weltweite Flüchtlingsbewegungen und ihre Verantwortung weiß.
  • Wir fordern die Kirchen auf, ihr gesammeltes Wissen aus Entwicklungszusam-menarbeit, Flüchtlingsbegleitung und dem ökumenischen Zusammenwirken der Kirchen weltweit in diesen Wandlungsprozess einzubringen und sich bei der Bundesregierung für eine ausreichende Finanzierung der Flüchtlingsversorgung und der zivilgesellschaftlichen Strukturen durch den Bund einzusetzen.

Rassismus widersprechen, denn vor Gott sind alle gleich!

Für Rückfragen: Dr. Christian Staffa, Ev. Akademie zu Berlin, Sprecher_innenrat der BAG K+R, Telefon: 030/20355-411, Email: staffa@eaberlin.de