Dokumentation: Mehr Theologie wagen - BAG K+R-Forum am 4. und 5. Oktober in Bad Boll
Bereits zum 9. Mal lud die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus (BAG K+R) 2019 zum zweitägigen Fachforum. Knapp 100 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland nahmen den Weg in das schwäbische Städtchen auf sich, um von 4. bis 5. Oktober an der Evangelischen Akademie Bad Boll gemeinsam zum Thema „Mehr Theologie wagen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Herausforderung für christliches Handeln“ in den Austausch zu kommen.
Zwei Tage lang ging es um die Suche nach und das Ringen um kirchliche und theologische Antworten auf die Probleme von Rassismus, Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit. Schon am Freitagabend bekräftige Gabriele Wulz, Prälatin der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, in ihrer Begrüßung: „Gegen die Instrumentalisierung der Bibel hilft nur die geistliche und geistige Anstrengung, die Geister zu unterscheiden.“
Gabriele Wulz, Prälatin der Evangelischen Landeskirche Württemberg
Und auch die Grußworte zeigten deutlich, als wie relevant und aktuell ein (wieder) Mehr an Theologie betrachtet wird – auch verbunden mit einem selbstkritischen Blick: Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann aus dem Ministerium für Soziales und Integration Württemberg formulierte in seinem Grußwort: „Wir müssen theologisch und staatlich Nächstenliebe radikal denken. Kirchen sind Körperschaften öffentlichen Rechts und damit geht eine Verantwortung einher, für eine Gesellschaft der Menschenrechte einzutreten.“ Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Württemberg, ergänzte: „Eine der Hauptherausforderungen ist, wie wir als Kirche angesichts dieser Menschenfeindlichkeit, letztlich dieser Gottesfeindlichkeit, Nächstenliebe wieder anders, neu, verstärkt buchstabieren.“ Und Benjamin Wahl vom Bund Deutscher Katholischer Jugend (BDKJ) schloss mit der
Dr. Amrei Sander über Evangelikale und die Neue Rechte
Forderung: „Wir brauchen Mut, um die Antworten zu finden, die uns die Sprachlosigkeit überwinden lassen, die wir in der Kirche oft haben.“
Konkret wurde es im Vortrag von Dr. des. Amrei Sander von der Universität Leipzig. Sie nahm ihre Zuhörer*innen anschaulich in ihre Analyse mit hinein und zeigte am Beispiel von Gender und Geschlechterrollen auf, welche Anschlussfähigkeit es zwischen einigen evangelikalen Milieus und der Neuen Rechten gibt. Zu Recht warf die anschließende Diskussion die Frage danach auf, worin wir als Christ*innen unsere christliche Identität definieren – auch vor der Herausforderung, dass eigene religiöse Identität die Diskriminierung und Abwertung anderer nicht legitimieren darf.
Den Abschluss des ersten Tages bildete eine lebhafte Podiumsdiskussion mit Gabriele Wulz, Dr. Michael Blume (Beauftragter der Landesregierung Württemberg gegen Antisemitismus) und Oberkirchenrat Christhard Wagner (Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung Thüringen) zum Thema „Nationales Christentum? Die Neue Rechte und die Theologie“, moderiert von Dr. Christian Staffa (Sprecher der BAG K+R). Die Diskussion warf u.a. einen Blick darauf, wie die Neue Rechte die Bibel gegen die verfasste Kirche mobilisiert, indem sie einerseits behauptet, christliche Bräuche und Traditionen zu verteidigen, während sie andererseits zugleich stark kirchenfeindlich auftritt. Im anschließenden Gespräch kristallisierte sich der deutliche Wunsch nach klaren Sprachbildern und nach einer präziseren, konkreteren (kirchlichen) Sprache heraus.
Der Samstagmorgen begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Heinz Streib von der Universität Bielefeldt zu psychologischen Ursachen rechtspopulistischer Vorurteile. Ihm schloss sich zwei interessante Berichte von Dr. Andrea Mammone (Universität London) und Zoltán Gábor Szücs (Budapest) über das Erstarken faschistischer und rechtspopulistischer Kräfte in Politik und Regierung in Italien und Ungarn an.
Zum Abschluss des Forums konnten die Teilnehmer*innen in 10 Workshops vertieft an der Herausforderung „mehr Theologie wagen“ arbeiten, u.a. zu Rechtspopulismus in verschiedenen Regionen Deutschlands oder christlich begründetem Antiziganismus und Antisemitismus.
Das Forum fand statt in Kooperation mit dem Bündnis Kirche für Demokratie und Menschenrechte in Württemberg (bkdmwü), der Diakonie Württemberg, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sowie der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Text: Sandra Windisch, Bayerisches Bündnis für Tolerenz
Fotos: Sarah Tschiersch & Luis Schönecker
Liebe Freund*innen, liebe Leser*innen,
wir hoffen, ihr hattet einen guten Start in die zweite Jahreshälfte!
In bewegten Zeiten wie diesen wollen wir den Blick auf das richten, was uns stärkt – auf gute Begegnungen und solidarische Netzwerke.
Die letzten Monate waren für die BAG K+R geprägt von intensiven Debatten: Ob beim Kirchentag in Hannover oder im Rahmen der ASF-Jahrestagung – überall spüren wir, wie viel Gesprächsbedarf es über unsere Themen gibt. In diesem Newsletter blicken wir zurück auf einige Highlights und geben euch einen Ausblick auf kommende Termine.
Spätestens seit der Einstufung der Alternative für Deutschland (AfD) als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz hat die Diskussion über ein mögliches Parteiverbot spürbar an Dynamik gewonnen. In der Öffentlichkeit, in der Politik und in der Zivilgesellschaft wird intensiv diskutiert, ob ein Verbot der AfD rechtlich möglich, politisch sinnvoll und gesellschaftlich geboten ist. Die BAG K+R hat gemeinsam mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste ein Positionspapier veröffentlicht, das einen differenzierten Beitrag zu dieser Debatte leisten will. mehr
Aktuelles -
Termine -
15. Mai 2025
Unter dem Motto „Mutig. Stark. Beherzt.“ fand vom 30. April bis 4. Mai der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover statt – Tage voller Austausch, Diskussion und Gemeinschaft. Die BAG K+R war mit einem vielfältigen Programm und einem gut besuchten Stand auf dem „Markt der Möglichkeiten“ vertreten. mehr
Herzliche Einladung zur BAG K+R auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2025 in Hannover! Wir sind auch in diesem Jahr mit vielfältigem Angebot dabei: Wir möchten Sie und euch herzlich zu unserem Messestand einladen. Zudem würden wir uns sehr freuen, Sie und euch bei den Veranstaltungen zu begrüßen, die von der BAG K+R mit vorbereitet und gestaltet wurden. mehr
Newsletter -
17. April 2025
Liebe Freund*innen, liebe Leser*innen,
das neue Jahr schreitet schnell voran und bringt frischen Wind in unsere Geschäftsstelle: Seit Februar verstärken Katharina Berger in der administrativen Projektkoordination und Annika Pohl als Referentin für Rechtsextremismusprävention unser Team. Herzlich willkommen! mehr
Welche Folgen haben ein zunehmender Rechtsextremismus, Rassismus, Populismus und Demokratieskepsis für die Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und politische Jugendbildung? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Fachtagung „Resilienz stärken“, die am 10. und 11. März im Erfurter Augustinerkloster stattfand. mehr
Offener Brief von 200 Organisation und Einzelpersonen an die Unionsfraktion erinnert an Zivilgesellschaft als wesentlichen Bestandteil von Demokratie. Kleine Bundestagsanfrage stellt engagierte Zivilgesellschaft unter Generalverdacht und übernimmt rechtspopulistische Argumentationsmuster. mehr
Liebe Freund*innen, liebe Leser*innen,
ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu, und wir möchten die Gelegenheit nutzen, um auf einige wichtige Events und Entwicklungen in der BAG K+R zurückzublicken sowie einen Ausblick auf das kommende Jahr zu geben. mehr
Einstellungen zum Datenschutz
Auch wir nutzen Cookies. Einige sind notwendig für die Funktion der Webseite, andere helfen uns, die Webseite zu verbessern. Mit Klick auf den Button "Akzeptieren" stimmen Sie der Verwendung aller Cookies zu. Unter "Einstellungen" können Sie die Nutzung konfigurieren. Weitere Informationen finden Sie in unseren Hinweisen zum Datenschutz
Diese Website verwendet Cookies. Als notwendig eingestufte Cookies werden in Ihrem Browser gespeichert, da sie für das Funktionieren der grundlegenden Funktionen der Website unerlässlich sind. Wir verwenden auch Cookies von Dritten, die uns helfen zu analysieren und zu verstehen, wie Sie diese Website nutzen. Diese Cookies werden nur mit Ihrer Zustimmung in Ihrem Browser gespeichert. Sie haben auch die Möglichkeit, diese Cookies abzulehnen. Die Ablehnung einiger dieser Cookies kann jedoch Ihr Surferlebnis beeinträchtigen.