BAGK+R – Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus

Newsletter  -  22. Oktober 2013

Newsletter der BAG Kirche & Rechtsextremismus Nummer 7, Oktober 2013

Liebe Freund_innen, liebe Leser_innen!

die Diskussionen über eine Regierungsbildung stehen gerade im Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Für uns stellt sich hierbei die Frage, ob die neue Bundesregierung endlich eine gesicherte Förderung der Projekte gegen Rechtsextremismus durchsetzt, wie wir es seit langem mit unseren zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen fordern, und ob Deutschland sich in den nächsten Jahren um eine humanere Flüchtlingspolitik im eigenen Land und in Europa bemühen wird.
In der BAG K+R-Geschäftsstelle beginnen gerade die letzten Planungen bezüglich der dritten Ost-West-Konferenz in Salem. Sie können sich hierfür auf unserer Homepage anmelden um mit uns über Nächstenliebe sowie gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit innerhalb und außerhalb der Kirche zu diskutieren. Darüber hinaus kündigen wir in diesem Newsletter eine Diskussionsveranstaltung über den NSU-Terror und dessen Aufklärung am 03.11. in Berlin an, teilen Ihnen das Datum der nächsten BAG K+R-Vollversammlung in Erfurt mit, beschreiben erneut unsere Forderungen bzgl. einer staatlichen Unterstützung von zivilgesellschaftlichem Engagement gegen Rechts und berichten von einer Auszeichnung für die BAG K+R durch das Analyse- und Beratungshaus Phineo.

Mit herzlichen Grüßen,
Ihre Geschäftsstelle der BAG Kirche & Rechtsextremismus


3. BAG K+R-Konferenz „Nächstenliebe als politische Praxis“, 29./ 30. November 2013 in Salem/Malchin

Der Anmeldebogen für die 3. Ost-West-Konferenz ist seit einigen Wochen online und wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.
Mit Malchin haben wir bewusst ein attraktives Tagungshaus in der Mecklenburgischen Schweiz ausgewählt, da hier die Herausforderungen für Kirchengemeinden in ländlichen Räumen deutlich werden.
Unter dem Titel „Nächstenliebe als politische Praxis. Christliches Engagement gegen Minderheitenfeindlichkeit und Rechtsextremismus“ beschäftigen wir uns auf der Tagung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowohl innerhalb als auch außerhalb kirchlicher Strukturen.
Die Tagung beginnt am Freitagnachmittag mit einem Vortrag von Bev Thomas (Oldbury/ UK), indem sie fünfzig Jahre nach der berühmten Rede von Martin Luther King nach unserem heutigen gesellschaftlichen Traum fragt. Am Abend werden unter dem Titel „Traum und Wirklichkeit – Rassismus und Nächstenliebe in unserer Gesellschaft“ in einer Podiumsdiskussion mit Oberkirchenrat Andreas Flade (Nordkirche), Dr. Andreas Tietze (Präses der Landessynode der Nordkirche) und Joachim Kirchhoff, Mitglied in der gemeinsamen AG REX der Erzdiözesen Hamburg und Berlin, die Vortragsfragen weiter diskutiert. Am zweiten Konferenztag bietet sich die Möglichkeit in vielfältigen thematischen Workshops über aktuelle Handlungsformen der Nächstenliebe als politische Praxis zu diskutieren. Themen sind hierbei u.a. Asyl und Migration, Blockadeaktionen als zivilgesellschaftliche Form des Widerstandes sowie der NSU und seine gesellschaftspolitischen Folgen. Die Konferenz bietet darüber hinaus die Möglichkeit sich mit anderen Initiativen und engagierten Personen aus ganz Deutschland zu vernetzen. Das detaillierte Programm mit Angaben zu den ReferentInnen entnehmen Sie unserer Homepage.


Diskussionsveranstaltung über den NSU-Terror und dessen Aufklärung am 03.11. in Berlin

Am 03. November 2013 laden wir Sie zu einer Podiumsveranstaltung unter dem Titel Der NSU-Komplex und dessen Aufklärung. Eine kritische Zwischenbilanz zum zweiten Jahrestag der NSU-Selbstenttarnung in die Französische Friedrichstadtkirche, Berlin ein.
Zwei Jahre nach der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ist eine öffentliche Zwischenbilanz zum Stand der Aufklärung des NSU-Komplexes dringend notwendig. Auch wenn es mittlerweile die Abschlussberichte der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse im Bundestag und im Bayerischen Landtag gibt und der NSU-Prozess am Oberlandesgericht (OLG) München seit einem halben Jahr läuft, sind noch viele Fragen offen. Die Journalistin Andrea Röpke recherchiert seit zwanzig Jahren zur militanten Neonaziszene in Deutschland. Sie warnt davor, den NSU als isoliertes Trio darzustellen. Rechtsanwalt Yavuz Narin vertritt als Nebenklägeranwalt die Familie von Theodorus Boulgarides, der am 15. Juni 2005 vom NSU in München erschossen wurde. Die Familie leidet noch immer unter den Folgen der einseitigen Ermittlungen der Polizei. Yavuz Narin berichtet über den aktuellen Stand des Prozesses am OLG München. Ulli Jentsch arbeitet im Antifaschistischen Pressearchiv (apabiz) e.V., das das Projekt NSU-Watch mitinitiiert hat. Damit wird eine umfassende Begleitung der Aufarbeitung des NSU-Komplexes sichergestellt, auch wenn das mediale und politische Interesse daran nachlässt. Die BAG K+R unterstützt das Projekt. Der Bevollmächtigte des Rates der EKD Dr. Martin Dutzmann wird in seinem Grußwort zur Veranstaltung über die Notwendigkeit kirchlichen Engagements gegen Rechtsextremismus und kirchlicher Solidarität mit den Opfern des NSU und alltäglicher rassistischer Gewalt sprechen. Dr. Rüdiger Sachau (Direktor der Evangelischen Akademie zu Berlin) wird einen Schlusskommentar aus Sicht der Evangelischen Akademie geben.
Sonntag, den 3. November, 19 Uhr im Veranstaltungsraum, Französische Friedrichstadtkirche, Gendarmenmarkt 5, 10117 Berlin. Wir bitten um Voranmeldung bis zum 31. Oktober 2013 per E-Mail an: stuermann@asf-ev.de.
Ausschlussklausel: Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die nazistischen Parteien oder Organisationen angehören, der nazistischen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.


Aufruf gegen wachsenden Hass gegenüber Flüchtlingen von Kirche, Gewerkschaft und Zivilgesellschaft durch BAG K+R und Partnerorganisationen

Mitte September veröffentlichten wir mit Pro Asyl, der Amadeu Antonio Stiftung und Aktion Sühnezeichen Friedensdienste einen gemeinsamen Aufruf zur aktuellen Flüchtlings-debatte: Ein Appell gegen die immer deutlich hervortretenden rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlinge und Asylsuchende in Deutschland. 180 Prominente aus Kirche, Zentralräten, Gewerkschaften, Wissenschaft, Kultur und Politik unterstützten unseren Aufruf. Unter den Unterzeichner_innen waren dreizehn leitende Geistliche Evangelischer Kirchen in Deutschland – darunter die Bischöfinnen und Bischöfe von Sachsen, Berlin, Baden, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und Hannover –, die ehemaligen Bundestags-Vizepräsidentinnen und -präsidenten Kathrin Göring-Eckardt, Petra Pau und Wolfgang Thierse, DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach sowie Gesine Schwan, Beatrice von Weizsäcker, die Schauspielerin Iris Berben.
Den Aufruf im Wortlaut finden Sie hier, eine Liste aller Unterzeichner_innen finden Sie hier.


Save the Date: Vollversammlung der BAG K+R am 25. /26.04.2014 in Erfurt

Am 25./26. April 2014 findet die Vollversammlung aller Mitgliedsorganisationen der BAG K+R im Augustinerkloster in Erfurt statt. Wir bitten Sie sich diesen Termin zu notieren und freuen uns auf ihr Kommen.
Thematisch wird es bei der Vollversammlung nach Beschlusslage der Vollversammlung 2013 um eine Auseinandersetzung mit eigener Anfälligkeit bezüglich gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geben. Dieses Programmangebot wird eine Fortsetzung der inhaltlichen Arbeit der Ost-West-Konferenz 2013 sein. Darüber hinaus wird der BAG K+R-Jahresbericht durch den Sprecher_innen-Rat vorgestellt und es ist ein Filmangebot für den Abend in Planung. Darüber hinaus wird es genügend Möglichkeiten zum Austausch und Vernetzen geben. Das genaue Tagungsprogramm sowie die Anmeldemodalitäten erhalten die Mitgliedsorganisationen der BAG K+R Anfang des Jahres 2014 zugesandt.


Gemeinsamer Aufruf der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD) und der BAG K+R: Keine Blockade der Zivilgesellschaft beim Engagement gegen Rechts

Seit 1990 sind über 150 Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland zu beklagen. Darüber hinaus registrieren Opferberatungseinrichtungen jeden Tag mindestens zwei rechte Gewaltstraftaten in Deutschland.
Diese Zahlen sowie die Opfer des NSU-Terrors belegen die tödliche Dimension von Rechtsextremismus und Rassismus und stellen unsere Präventionsarchitektur sowie die demokratische Gesellschaft vor große zukünftige Herausforderungen. Auch menschenverachtende Einstellungen sind in allen gesellschaftlichen Bereichen erschreckend weit verbreitet. Dies belegen die Ergebnisse der unterschiedlichen Einstellungsstudien von Heitmeyer, Brähler-Decker bis hin zu den Erkenntnissen des Antisemitismusberichts des Bundes und des „Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“. Diese erschreckenden Tatsachen wurden von allen Parteien im deutschen Bundestag in der Debatte um den Abschlussbericht des NSU Untersuchungsausschuss bestätigt. Auch die zukünftige Bundesregierung muss die von Frau Merkel in der letzten Bundestags-sitzung vor den Wahlen gemachte Zusage, alle Empfehlungen des NSU Untersuchungsausschusses umzusetzen, einhalten. Die Studien sowie der NSU Bericht machen deutlich:
Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und anderen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) muss weiterhin professionell und endlich mit einer deutlich höheren finanziellen Ausstattung entgegengetreten werden.
Die augenblickliche Situation ist nicht verlässlich und verschlingt Zeit und Ressourcen und belässt zu jedem Jahresende die Projekte in existentieller Ungewissheit. „Eine langfristige, dauerhafte Finanzierung der Arbeit gegen Neonazismus und für Demokratieförderung auf Bundesebene ist verfassungsrechtlich möglich.“ Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, das die Staatsrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis (HU Berlin) und Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit (TU Dortmund) im Auftrag von Initiativen gegen Rechtsextremismus, Verbänden und Gewerkschaften erstellt haben und das im März 2013 veröffentlicht wurde. Das Gutachten widerspricht damit der bisherigen Auffassung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen, und Jugend (BMFSFJ), wonach die seit Jahren erfolgreiche Beratungs- und Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus nur einmalig bzw. lediglich zeitlich befristet gefördert werden könne. Möglich wäre laut den Gutachtern ein klar gesetzlich abgegrenzter Auftrag des Deutschen Bundestages (Gesetz), der die Förderung der Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Arbeitsansätze verstetigt.
Deshalb fordern wir – neben der dringend notwendigen Verdopplung der Mittel – die Aufnahme eines solchen Gesetzesvorhabens in die Koalitionsverhandlungen mit dem Ziel Opferberatung, mobile Beratung gegen Rechtsextremismus und die Projekte gegen rechtsextreme Einstellungen sowie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in allen Bundesländern auszubauen und dauerhaft zu fördern!


Sächsische Beratungsprojekte gegen Rechtsextremismus bzw. für Betroffene rechter Gewalt vor dem Aus?!

Am 22. August 2013 haben alle im Deutschen Bundestag vertretende Parteien einstimmig die gemeinsamen Empfehlungen des 2. Untersuchungsausschusses „Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund“ (DS 17/14600) angenommen und beschlossenen. Alle vorhandenen Strukturen sind „zu sichern und drohende Kürzungen zu verhindern“. Insbesondere derjenigen Strukturen, die tagtäglich „sichtbar und aktiv für die freiheitliche Demokratische Grundordnung eintreten“. Hierzu zählt die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus die „Kommunal- und Landespolitikerinnen und –Politik“ beraten sowie die Beratungsstellen die „Opfer neonazistischer und rassistischer Gewalt“ unterstützen.
In der letzten Bundestagssitzung vor den Wahlen machte Kanzlerin Merkel die Zusage, alle Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses umzusetzen. Trotz dieser eindeutigen Beschlusslage findet Sachsen keine Antwort auf die fragile Fördersituation der Beratungsträger und gefährdet die gute Beratungspraxis gegen Rechtsextremismus in Sachsen: Im aktuellen Sächsischen Doppelhaushalt 2013/2014 ist keine Kofinanzierung für das Beratungsnetzwerk Sachsen und damit für die Mobile Beratung und die Opferberatung für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt eingestellt. Hintergrund sind verspätete Bundeszusagen für 2014. Unter bundesweitem Druck von Zivilgesellschaft, Parteien und Verbänden konnte eine Übergangslösung auf Bundesebene für das Haushaltsjahr 2014 geschaffen werden. Für die sächsische Landesregierung offenbar zu spät. Bis heute wurde dort das Problem der Kofinanzierung nicht geklärt. Nun fürchten die beiden erst kürzlich durch die Phineo AG mit dem „Wirkt-Siegel“ ausgezeichneten Projekt „Opferberatung für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt“ sowie die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Sachsen um Ihre Zukunft. Verträge für Büros und Autosleasing mussten bereits vorsorglich gekündigt werden. Mitarbeiter_innen meldeten sich beim Arbeitsamt vor.
In dem zweiten Jahr nach Bekanntwerden der rassistischen Morde des NSU ist dieses von Sachsen ausgehende Signal fatal für Betroffenen rechter Gewalt sowie für die zahlreichen Beratungsnehmer_innen auf lokaler und kommunaler Ebene. Die sächsische Staatsregierung ist aufgefordert, eine ausreichende Kofinanzierung der Beratungsprojekte für 2014 kurzfristig zu ermöglichen sowie die Projekte endlich langfristig abzusichern.
Mit freundlicher Genehmigung durch unsere Mitgliedsorganisationen Kulturbüro Sachsen e.V. (Mobile Beratung) und RAA Sachsen e.V. (Opferberatung)
8. Auszeichnung: PHINEO-Wirkt Siegel für die BAG K+R
Die BAG K+R, wurde im September 2013 im Phineo-Themenreport „Vielfalt wirkt! Report über wirkungsvolles zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts“ als zu förderndes Projekt ausgezeichnet. Phineo ist ein Berliner Analyse- und Beratungshaus für gemeinnütziges Engagement in Deutschland, das zivilgesellschaftliche Organisationen analysiert und berät und dabei qualitatives und quantitatives Wachstum der Zivilgesellschaft als Ziel verfolgt. Die BAG K+R wurde dabei in verschieden Bereichen untersucht.
In Ihrem Themenreport schreibt Phineo über die BAG K+R unter anderem: Die BAG K+R agiert auf allen Ebenen der Kirche. Auf kirchlichen Veranstaltungen wie dem Kirchentag, bei Blockaden gegen Naziaufmärsche oder bei Friedensgebeten konnten mehrere Zehntausend Personen erreicht werden. Auf dem Evangelischen Kirchentag war die BAG K+R mit einem eigenen Stand und mehreren Gesprächspodien vertreten. Zugleich agiert sie als Schnittstelle, um Akteure aus dem bürgerlichen Sektor und dem kirchlichen Bereich in ihrem Engagement gegen Rechts zusammenzubringen – und zwar bundesweit. Sie vermittelt Ansprechpartner, vernetzt Initiativen und koordiniert gemeinsame Aktionen. Überdies ermöglicht die BAG K+R einen intensiven Austausch zwischen Kirchenbasis und institutioneller Kirche. Lokale Initiativen in Kirchengemeinden, die sich oft isoliert und nicht anerkannt fühlen, erhalten dadurch mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung. Parallel dazu engagiert sich die BAG K+R auch in Netzwerken außerhalb der Kirche, etwa beim Komitee für Grundrechte und Demokratie e. V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD). Den ganzen Report können Sie hier nachlesen: PHINEO_Engagement-gegen-Rechts_Report
Wir freuen uns, dass mit dem Kulturbüro Sachsen und der Opferberatung RAA Sachsen e.V. auch zwei weitere Mitgliedsorganisationen der BAG K+R ausgezeichnet wurden.