Aktuelles  -  Studie  -  23. Mai 2022

Beschluss der Vollversammlung der BAG K+R zum Erscheinen der Studie „Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur“ der EKD

Die BAG K+R begrüßt, dass die Studie der EKD „Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur“ Anfang Mai 2022 veröffentlicht wurde.

Die BAG K+R dankt den Forschenden aus allen drei Teilprojekten der Studie für die sehr gute Forschungsarbeit, sie dankt dem Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD für die Koordination des Prozesses und für vielfältige außerordentlich wertvolle Impulse, sie dankt allen Mitgliedern der Steuerungsgruppe für die jahrelange engagierte Arbeit und der EKD für die Finanzierung und organisatorische Begleitung der Forschung. Wir danken der EKD insbesondere dafür, dass sie die wichtige Aufgabe annahm, auch selbstkritisch die Verbreitung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unter den Kirchenmitgliedern zu erforschen, ohne dabei inhaltliche Vorgaben für die Ergebnisse zu machen. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass dies mit Eigenmitteln geschah.

Es brauchte einen vieljährigen Diskussions- und Forschungsprozess bis zum Abschluss der jetzt vorliegenden Studie. Auf Impuls der BAG K+R beschloss erstmals 2012 eine Synode der EKD, vorhandene Studien zu sichten, die sich bis dahin mit der Frage beschäftigt hatten, wie weit etwa Rassismus und Antisemitismus unter den Kirchenmitgliedern verbreitet ist. Gegebenenfalls sollte eine eigene Studie durchgeführt werden. Die ersten Vorarbeiten mit Begleitung einer Steuerungsgruppe fanden bereits im März 2013 statt. Nach Abschluss von mehreren Vorstudien und auch so manchen kontroversen Diskussionen, in denen nicht immer gesichert war, dass es mit der Studie weitergehen würde, begann die Arbeit an der jetzt vorliegenden Studie im September 2019.

Die BAGKR hat auf Synoden, im Rat der EKD und im Kirchenamt um Unterstützung geworben. Sie hat mit mehreren Personen in der Steuerungsgruppe für die Studie intensiv mitgearbeitet. Mit ihrer Beteiligung wurden über die Jahre verschiedene Teilstudien in Auftrag gegeben, neue Forschungsansätze konzipiert und begleitende Tagungen durchgeführt.

 

Was wurde erreicht?

Der Kenntnisstand ist erheblich verbessert. Das gilt sowohl für Begriffsbildung und Analyse als auch für neu gewonnenes präzises Zahlenmaterial.

Vor der Studie war der Forschungsstand nicht besonders gut, es gab erhebliche Wissenslücken. Es ist jetzt mit umfangreichen Zahlen aus dem quantitativen Teil der Studie unter anderem belegbar, dass Kirchenmitglieder nicht rassistischer sind als nicht konfessionell gebundene Menschen, dass es nicht Religion per se ist, die Ressentiments stärkt, sondern ein bestimmtes Glaubensverständnis. Die Studie zeigt aber auch, dass mangelnde Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt unter Kirchenmitgliedern weit verbreitet ist. Weitere Teilstudien liefern wichtige neue Erkenntnisse über die Verbindungen zwischen rechtspopulistischer Ideologie und bestimmten Glaubensverständnissen sowie über politische Aushandlungsprozesse in Gemeinden.

Innovativ ist an der Verbundstudie vor allem, die drei Teilstudien mit unterschiedlichen Ansätzen und unterschiedlicher Methodik systematisch miteinander zu verknüpfen und immer wieder zu fragen, wie diese im Forschungsprozess voneinander profitieren können. Die EKD-Studie hat bereits eine Reihe von weiteren Forschungsvorhaben und Publikationen inspiriert und wird dies auch weiterhin tun.

Die Studie trägt dazu bei, dass der Blick auf die Thematik in der evangelischen Kirche und ihren Einrichtungen viel sensibler geworden ist, die kritische Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gewinnt erheblich an Bedeutung – das gilt sowohl für die EKD und ihre Landeskirchen und Gemeinden selbst, aber auch für Diakonie, Verbände und Einrichtungen.

 

Wie kann es weitergehen?

Jetzt muss mit den Ergebnissen weitergearbeitet werden. Nun ist gefragt, wie die Erkenntnisse in der Praxis wirksam werden können. Eine von der BAG K+R im Mai mitveranstaltete Tagung in Berlin ist ein wichtiger Ort für ein solches Nachdenken, die Diskussion sollte dann aber weitergeführt werden. Wir plädieren dafür, eine kritische Auseinandersetzung mit Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und den Einsatz für eine inklusive, offene und demokratische Gesellschaft als wichtige kirchliche Regelaufgabe anzusehen. Dies sollte besonders der Fall sein in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen ebenso wie in der Jugend(bildungs-)arbeit und Seelsorge. Dabei sind neben der Diakonie und der theologischen Ausbildung insbesondere die kirchlichen Bildungseinrichtungen in den Blick zu nehmen. Hier gibt es bereits vielfältige Kooperationen, und die BAG K+R ist gerne zu weiterer Zusammenarbeit bereit.

Im Themenfeld der Studie sind noch viele Fragen offen, die weitere Forschung nötig machen. Aber auch das bestehende Material ist so reichhaltig, dass auch weitere Auswertung interessante Ergebnisse erzielen wird. Ebenso halten wir es für sinnvoll, Fragen aus der Untersuchung mit in die alle zehn Jahre stattfindende Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD aufzunehmen. Vom weiteren Austausch zwischen Forschung, Praxis und Kirche profitieren alle Beteiligten.

Wir halten es für geboten, sowohl in der Forschung als in der praktischen Arbeit eine Perspektive einzunehmen, die anerkennt, dass verschiedene Formen von Diskriminierung und Abwertung von Menschen miteinander verknüpft sind. Es ist nötig, sich mit allen Ideologien der Ungleichwertigkeit kritisch auseinanderzusetzen.

Als ökumenische Organisation ermuntern wir auch die Katholische Kirche dazu, die Impulse der evangelischen Kirche aufzunehmen und einen ähnlichen Forschungsprozess anzustoßen.

 

Die Studie als PDF zum Herunterladen.

Die Website der EKD zur Studie.

Der Beschluss der BAG K+R zur Studie als PDF zum Herunterladen.