Beschluss der 12. Synode der EKD
1. Die Synode der EKD stellt fest, dass rechtspopulistische, rechtsextreme, rassistische, frauenfeindliche und völkisch-nationalistische Einstellungen in unserer Gesellschaft anwachsen und in allen gesellschaftlichen Schichten und Altersgruppen vertreten sind. Auch unter Mitgliedern der Kirchen sind solche Einstellungen anzutreffen. Die Würde eines jeden Menschen, begründet in der Ebenbildlichkeit Gottes, und das Gebot der Nächstenliebe sind unaufgebbare Grundlagen unseres Glaubens. Sie sind nicht vereinbar mit Haltungen und Ideologien, die Hass und Gewalt verbreiten und eine Ungleichheit von Menschen und daraus resultierende Ungleichbehandlungen, Ausgrenzungen und Feindschaft postulieren.
2. Die Synode der EKD erkennt hinter diesen Entwicklungen unterschiedliche Ursachen, die nach einer differenzierten Antwort verlangen. Sie sieht hierin eine Aufgabe für die Gliedkirchen, die Diakonie und die Kirchengemeinden. Sie dankt denjenigen, die sich seit Jahren bereits in diesem Feld engagieren.
- Sie regt an und ermutigt dazu, dass Kirchen und Gemeinden sich schützend vor Menschen stellen, die Angriffen aus rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Motiven ausgesetzt sind und dies in der Öffentlichkeit offensiv vertreten;
- jeder Inanspruchnahme vermeintlich christlicher Werte zur Begründung einer Abschottung unserer Gesellschaft entschieden zu widersprechen;
- die bereits bestehenden kirchenrechtlichen Möglichkeiten und Verfahrenswege auszuschöpfen, durch die die Personen, die rechtsextremes, rassistisches oder fremdenfeindliches Gedankengut vertreten, von der Wahl zu einem kirchlichen Amt ausgeschlossen werden;
- ihre bisherigen Anstrengungen zu verstärken und neue Angebote zu entwickeln, die Menschen ermöglichen, ihren Glauben als befreiende Botschaft zu erfahren, die den Nächsten in den Blick nimmt, Halt und Zuversicht gibt und so vor rechtsextremem Gedankengut schützt;
- dass die Gliedkirchen insbesondere in ihrem Bildungshandeln an unterschiedlichen Or-ten und mit verschiedenen Zielgruppen (Kindertagesstätten und Jugendarbeit, Schulen, Erwachsenenbildung und Familienbildung) ein deutliches Gewicht auf das Einüben demokratischer und partizipatorischer Verfahrensweisen und Gesprächsformen legen und in ihrer Aus- und Fortbildung verstärkt zum Einsatz bringen;
- bereits bestehende Arbeitsmaterialien und Handreichungen zum Umgang mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus bekannt zu machen und zu verbreiten bzw. solche für den eigenen Bedarf neu zu erstellen. Hierzu gehört auch die Entwicklung einer theologisch begründeten Argumentation gegen rechtsextremes Gedankengut;
- den interreligiösen Dialog insbesondere mit den muslimischen Gesprächspartnern und den jüdischen Gemeinden als kirchliche Aufgabe zu verstehen und weiterzuentwickeln;
- die interkulturelle Kompetenz von Mitarbeitenden zu stärken und die interkulturelle Öffnung von Kirchen und Gemeinden zu fördern;
- sich in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden und Kommunen weiterhin nachdrücklich für eine soziale Integration von Menschen einzusetzen, die in Stadteilen und Regionen leben, die unter Armut, fehlenden Beschäftigungs- und Bildungschancen und mangelnder Infrastruktur leiden;
- sich als Kirche in eine konzeptionell durchdachte, inklusive Gemeinwesenarbeit einzubringen und von den politischen Amtsträgern größere Anstrengungen für eine soziale Integration einzufordern;
- in Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Gesprächsmöglichkeiten für Menschen zu eröffnen, die unter Ängsten und Verunsicherung angesichts der Veränderungen in unserer Gesellschaft leiden. Die Gespräche sollen nicht als Podium für das Schüren weiterer Ressentiments missbraucht werden können. Kirche kann und soll in solchen Dialogen keine neutrale Position vertreten. Sie kann aber dazu beitragen, dass Gespräche gut geleitet und moderiert werden und sachliche Argumente Gehör finden.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland
Dr. Irmgard Schwaetzer